# 9: Annadagen: Der Endspurt zum Fest beginnt

Es gibt einen Tag im schwedischen Advent, der recht still und unscheinbar daherkommt. Und doch gehört er zur Weihnachtstradition – und darum sehen wir mal ein wenig genauer hin.

Die Wochen vor Weihnachten waren in früheren Zeiten der bäuerlichen Gesellschaft alles andere als  entspanntes Warten auf die heiligen Tage, sondern eine durchgetaktete Vorbereitungszeit. Wie in einem gut geölten Uhrwerk hatte fast jeder Tag seine spezielle Aufgabe. Einer dieser wichtigeren Tage war der Annadagen am 9. Dezember. Seit dem Mittelalter hatte dieser Tag eine ziemlich praktische Mission: Er war quasi der Startschuss für den Endspurt der Weihnachtsvorbereitungen.

Der Volksmund sagt: „Anna den granna, som kommer med kanna“ – was so viel bedeutet wie: „Anna die Schöne, die mit der Kanne kommt.“ Das verrät indirekt: An diesem Tag geht es, grob betrachtet, um Flüssiges. Aber worum ging es konkret?

annadagen

Lutfisk - aus der Lauge auf den Weihnachtstisch

Am Annadagen begann der berühmt-berüchtigte lutfisk seine recht lange Reise auf den Weihnachtsteller. Der Fisch, meist Kabeljau, der im Sommer durch Trocknen konserviert worden war, wurde nämlich am 9. Dezember zunächst eingeweicht, damit er nach weiterem Prozedere mit Lauge und Wasser pünktlich zum Fest die richtige gelartige, zarte Konsistenz erreichte. 

Die vorweihnachtliche Fastenzeit der streng gläubigen Epoche verbot den Fleischgenuss, Fisch war aber erlaubt! Der lutfisk war somit die perfekte Fastenspeise. Irgendwann, als das Fasten keinen Stellenwert mehr hatte, wanderte der lutfisk stattdessen auf das julbord, schließlich wollen liebgewonnene Gewohnheiten gern beibehalten werden.

Persönlicher Exkurs: Lutfisk bekommt man bereits fertig gewässert im schwedischen Supermarkt. Eigentlich hätte ich das Rezept aus traditionellen Gründen gern im Kochbuch dabeigehabt, denn es ist sehr speziell, aber ein Rezept, für das man die Zutaten kaum bekommen kann, wäre schon unfair gewesen. Ich habe ihn mal mit einer Senf-Sahne-Sauce, gebratenen Speckwürfeln, Kartoffeln und Erbsen serviert bekommen und fand ihn sehr interessant. Die Konsistenz ist eher gelartig und der Geruch ist durch die Lauge irgendwie … anders.

Julöl - als das Fest noch aus dem Braukessel kam

Zum anderen war der Anna-Tag der Tag des julöl (Weihnachtsbier). Hier gibt es jedoch unterschiedliche Überlieferungen: Einige Quellen berichten, dass an diesem Tag das erste Bier fertig sein und verkostet werden sollte und eben daher der Reim Anna med kanna (Anna mit Kanne) stammt, die halt das Bier zum Verkosten bringt. Andere sagen hingegen, dass am 9. Dezember mit dem Brauen begonnen wurde. So oder so, der Anna-Tag war der offizielle Startpunkt für die damals wichtigste, weihnachtliche Gaumenfreude.

Und am Ende kamen noch die Pepparkakor dazu!

Eine ganz moderne Wendung erlebte der Annadagen 2006, denn seitdem ist er auch noch Pepparkaksdagen. Also eine ziemlich neue Tradition, die im Übrigen aus Werbegründen erdacht wurde. Und doch passt es gut in unsere Zeit, in der der Duft von Zimt, Kardamom und Ingwer für viele den Inbegriff der Vorweihnachtszeit bedeutet.

So wandelt sich die Tradition: von wochenlanger Arbeit in Speisekammer und Brauhaus zum weihnachtlichen Duft, der aus dem Backofen durch die Räume zieht. Faszinierend, wie sich sowas wandeln kann, nicht wahr?

Eins aber verbindet alle diese Traditionen, denn der Annadagen macht uns bewusst: Das Fest beginnt nicht erst am 24. Dezember. Es wächst und reift schon jetzt, mit jedem Tag im Advent.

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