Harald hatte keinen digitalen Detox

Digitaler Detox – eine ungewohnte Erfahrung

Mein unfreiwilliger digitaler Detox – das ist etwas, über das ich unbedingt schreiben muss. Einfach weil es mich nicht nur in Lappland total beschäftigt hat, sondern auch heute noch nachwirkt. Ich bin überzeugt, dass es ein durchaus wichtiges Thema ist – nicht nur für mich. Vielleicht rege ich damit ja ein wenig zum Nachdenken an. 

Gute Vorbereitung ist alles!

Vor unserem Urlaub in Lappland habe ich umfassende Vorbereitungen getroffen, um vor Ort – mitten in der Wildnis – jederzeit die Möglichkeit zu haben, online sein zu können. 

Warum das für mich wichtig ist? Dazu ein paar Zeilen.

Vorab zur Erläuterung

Einige Leser*innen wissen das, aber eben nicht alle: Ich bin selbständig. Ich schreibe nicht nur Bücher, nö, viele meiner beruflichen Momente laufen online, telefonisch oder über weitere Möglichkeiten der Kommunikation, die alle unter anderem mobil über das Handy bereitgestellt werden. Somit ist das Handy für mich im Alltag sowieso schon sowas wie an mir angewachsen – dazu kommt obendrein der Handykonsum, dem wohl die meisten von uns heutzutage standardmäßig unterliegen. Ja, unterliegen. Das Handy hat uns mehr oder minder im Griff. 

Glaubst du nicht? Aha, dann frag ich dich: Auf welchem elektronischen Device liest du genau jetzt in dieser Sekunde diese Zeilen?

Hm.  

Meine Vorbereitungen im einzelnen

  • Dass ich auf unserem Grundstück 4G Empfang habe, hatte ich schon vor dem Bau freudig festgestellt, hab ich auch erwähnt, als es darum ging, wie wir unser Grundstück gefunden haben. 
  •  Als ich im vergangenen Winter ein neues Laptop anschaffen musste, habe ich darauf geachtet, eins zu wählen, das a) selbst eine SIM-Karte (Telefonkarte) an Bord haben kann und b) sich über USB C laden lässt (macht Sinn bei einer Solaranlage, die auch USB-Steckplätze direkt im Laderegler hat, da kann ich ja immer wieder laden – super!)
  • zu guter Letzt habe ich mich noch mit einer Powerbank in der Speichergröße eines kleinen Kraftwerks versorgt (ist natürlich übertrieben, aber das ist tatsächlich schon ordentlich, was in dem Dingen steckt). 
  • Alles Aufladbare hatte ich vor Abreise ordnungsgemäß aufgeladen, Kabel eingepackt. 

Man, ich war wirklich stolz auf meine Vorbereitungen – ich glaub, ich hab fast der ganzen Menschheit, die direkt mit mir zu tun hat, davon erzählt.

Und dann kam sie, die Grätsche zwischen Theorie und Praxis…

Das Dilemma...

Ja, was dann geschah, war eine Verkettung ungünstiger Ereignisse…

  • Mein deutscher Mobilfunkanbieter koppelte mich in diesem Jahr auf einmal hinter der Grenze zu Tele 2 – damit hast du im Wald NULL Empfang. „Nur Notrufe“ mahnte mein Handy. Internet? Nix!
  • Aber ich bin ja nicht blöd! Also hab ich mir fix eine Prepaid-Karte des Anbieters Telia gekauft, mit der man selbst hinter den Bergen bei den sieben Zwergen in Lappland Empfang hat. Mein Handy ist ein Dual-Sim, hat also Platz für 2 Telefonkarten. Leider habe ich beim Einsetzen einen kapitalen Fehler gemacht und es hat nicht funktioniert. Erst nach 2,5 Wochen hab ich den Fehler gefunden… Dann funktionierte es wohl allerdings einwandfrei, nur waren wir da schon fast wieder auf dem Weg heim. 
  • Vor Ort entschieden wir uns für einen anderen Platz für unser Solarmodul als im Vorfeld geplant. Der ist super, allerdings konnten wir dadurch das Solarpanel nicht installieren, weil das dafür eingekaufte Kabel für den neuen Standort zu kurz war – ich konnte nicht laden.
  • Mein Laptop hatte keine Lust, sich über USB C laden zu lassen – ich hatte nicht das richtige Kabel und nicht den richtigen Stecker dabei.  

Die Konsequenz

Um Handyempfang zu haben musste ich 70 (!) km weit fahren – bis an die Stadtgrenze von Jokkmokk, etwa da, wo am Ausgang die Altglas- und Altpapiercontainer stehen, endete mein Empfang. 

Luftbild Jokkmokk - bis dahin hab ich Empfang gehabt!

Das Laptop hingegen habe ich, als der Akku leer war, nach vergeblichem Ladeversuch, einfach in den Koffer gepackt. Seufzend!

Meine 5 Phasen des digitalen Detox

Ich habe für mich 5 Phasen für den digitalen Detox ausgemacht. Du kannst mich gerne korrigieren oder mir alternativ deine Phasen als Kommentar hinterlassen – das interessiert mich riesig!

Dennoch möchte ich betonen, dass es bei mir eben nicht nur um Privatvergnügen ging – ich bin beruflich davon abhängig, finde ich. Wobei ich schon meinen Bestandskunden klar kommuniziert hatte, dass ich für 4 Wochen unterwegs und nicht immer erreichbar sein würde. Und doch… Neukunden? Werbung für den kommenden Kurs machen? Endlich mal wieder in Ruhe auf all meinen Kanälen bloggen? Mehr auf Instagram machen? Das konnte ich mir in der Zeit alles in die besagten „Haare schmieren“. 

Phase 1: Herunterspielen

Nachdem mir das volle Ausmaß meines anstehenden digitalen Detox so richtig bewusst wurde, war mein erster Gedanke „Ach was, das schaffe ich ja wohl mit links. Ich bin stark, das würfelt mich jetzt ja wohl nicht aus der Bahn. Die Welt dreht sich auch in Ruhe weiter, wenn ich nicht alles im Griff habe.“ 

Und: „Was nicht tötet, härtet ab – ich bin nicht Nullachtfuffzehn, ich in eine Waldfrau! Ich brauch das gar nicht.“

Hm.

Phase 2: Auswege suchen

Das mit dem Herunterspielen hat zwar ein bisschen funktioniert, aber ich habe automatisch und fast parallel angefangen, Auswege zu suchen und zu finden.

Gut, nach einen vergeblichen Ladeversuch habe ich das mit dem Laptop, den Blogposts und der Konzeptplanung an den Nagel gehangen. Schließlich hab sogar ich mal echten Urlaub verdient.

Aber das Handy. Mal Mails lesen. Whatsapp. Facebook. Instagram. Hach. Was bitte, wenn mich jemand ganz dringend brauchte? Ich mal eben schnell die Welt retten musste – so wie in diesem hervorragendem Lied von Tim Bendzko?

Wie schon erwähnt: Für den nächstliegendsten, nennenswerten Empfang musste ich besagte 70 (!) km fahren. Bis Jokkmokk. Zu den Wertstoffcontainern an der Ortsgrenze. 

Und ja, ich habe freiwillig die Einkäufe in der Stadt gemacht. Ich habe viel Zeit an den Wertstoffcontainern verbracht und ich hoffe sehr, dass die Anlieger nicht schon befürchtet haben, dass merkwürdige Menschen in einem ausländischen Auto dort strategisch eine Einbruchserie vorbereitet haben, so lange habe ich dort bei jedem Besuch geparkt und im Handy gedaddelt. Falls doch tut es mir von Herzen leid. 

Phase 3: Verzweiflung

Egal, was ich versuchte, es fühlte sich nach „zu wenig“ an – ich empfand tatsächlich zwischendurch Verzweiflung! Lach nicht, denn das fühlte sich wirklich nicht gut an in dieser Situation und Phase!

Ich wurde sogar richtig wütend auf Harald, der seinen 4 G Empfang am Haus richtig genoss. Und überhaupt: STÄNDIG war der gefühlt am Handy, total gestört und abhängig. 

Eigentlich war ich aber tatsächlich nur abgrundtief neidisch… Das wurde auch nicht besser davon, wenn er mir gönnerhaft und doch ziemlich geizig mal von seinem Empfang etwas abgab – in Form eines „Hotspots“ von max. 5 Minuten am Stück, weil ICH sonst sein Datenvolumen vernichtet hätte. Nja, ist klar. 

Harald hatte keinen digitalen Detox!
Genusssüchtiger Typ!

Phase 4: Entspannung

Irgendwann war es dann okay. Das, was ich an Empfang hatte, reicht auf einmal aus. Ich fand es sogar gut. 

Bis.. ja, bis wir bei der Abreise im Empfangsbereich waren. Tsja. Was geblieben ist, ist der gute Vorsatz, etwas diesbezüglich zu verändern. 

Phase 5: Lehre daraus ziehen?

Genau jetzt stecke ich in Phase 5 und die Frage ist, welche Lehre ich für mich daraus ziehe. Es war schon gruselig, aber reicht das, damit ich wirklich etwas ändere?

Fakt ist, dass ich weiß, dass es so nicht sein sollte, dass man sich nicht so abhängig von Technik machen darf. Dass es das echte Leben ist, das wichtig ist, nicht das virtuelle. Wobei das virtuelle natürlich eigentlich auch nur aus echten Menschen besteht – nämlich die Menschen, die am anderen Ende der Leitung sitzen, an ihrem eigenen Handy, Laptop, PC.

Schwierig.

Im Moment habe ich allerdings den festen Vorsatz, im nächsten Lapplandurlaub das Laptop von vorneherein Zuhause zu lassen und das Handy an der Grenze auszuschalten – bis auf wenige Momente für den Kontakt mit den allerwichtigsten Menschen meines Lebens.

Schauen wir aber mal, wie ich dann kurz vor der Abreise denke.

Ich hätte dir jetzt gerne ganz viele weltverbessernde Tipps und Ratschläge, mahnende Worte und glühende Slogans zum Thema „digitaler Detox“ verpasst – aber irgendwie wurschtelt das noch zu diffus in mir herum.

Was denkst du? Sag mir doch einfach mal deine Meinung. Kannst du das besser als ich? Bist du besser als ich? Schwierige Nummer, oder nicht? 

Wenn du es nicht weißt, aber wissen willst: Leg dein Handy ab sofort mal für 4 (!) Wochen weg und pack es nicht an in dieser Zeit. 

Oh, oh, hab ich jetzt Gedankenberge in mir tosen!

4 Antworten

  1. „Im Moment habe ich allerdings den festen Vorsatz, im nächsten Lapplandurlaub das Laptop von vorneherein Zuhause zu lassen und das Handy an der Grenze auszuschalten – bis auf wenige Momente für den Kontakt mit den allerwichtigsten Menschen meines Lebens.

    Schauen wir aber mal, wie ich dann kurz vor der Abreise denke.

    Ich hätte dir jetzt gerne ganz viele weltverbessernde Tipps und Ratschläge, mahnende Worte und glühende Slogans zum Thema „digitaler Detox“ verpasst – aber irgendwie wurschtelt das noch zu diffus in mir herum.

    Was denkst du? Sag mir doch einfach mal deine Meinung. Kannst du das besser als ich? Bist du besser als ich? Schwierige Nummer, oder nicht?“

    Ööööhm? Mal eben kurz überlegen …

    So ganz spontan fällt mir dazu ein:

    Wie wäre es mit einem Zweit-Handy (oder Tablet) für DICH ausschließlich für Privates ODER alternativ eine oder mehrere Ersatz/Reserve-SIM-Karten?

    DIR fällt gang bestimmt bis zum nächsten Urlaub noch was viel Besseres ein, viel Erfolg beim kreativen Ent- und Verwurschteln all der neuen Eindrücke, Impulse usw. wünsche ich Dir von ganzem Herzen 🙂

    1. Liebes Rösle,

      das mit dem Zweithandy hab ich mal eine Weile versucht, mit dem Resultat, dass ich an Alltagen noch mehr am Handy war, weil ich ja jetzt gleich zwei im Auge behalten wollte. Aber wie du schon sagst, ich hab ja jetzt erst einmal viel Zeit, um darüber nachzudenken. Irgendwie fänd ich das komplette Abschalten schon spannend, als Experiment für mich.

      Umarmung,
      Annika

      1. Liebe Annika,

        eins ist ja wohl sonnenklar:

        Du wirst da ganz bestimmt noch die oder andere zu Dir/Euch passende Teil- oder Vollzeit-Lösung gebastelt bzw. die Ein- und Ausschaltfristen ähnlich wie amtliche Büroarbeitszeiten getacktet bekommen 🙂

        Step by Step … dehnen und atmen dabei nicht vergessend :*

        Herzlichste Grüße sendet Dir

        Dein Rösle

        1. Liebes Rösle,

          ja, ich denke auch, dass da irgendwann der große Groschen fallen wird. Vor allem entwickelt sich die Technika ja durchaus immer weiter – und da lässt sich bestimmt etwas Hübsches finden, mit dem man gut leben kann, woran man sogar Spaß hat.

          Also: Kommt Zeit, kommt Rat. Und Zeit haben wir ja noch ein wenig!

          Liebste Grüße,
          Annika

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