Nachdem wir mit Helge stundenlang über sein Grundstück gestromert sind (hier beschrieben), haben Harald und ich am Abend vor dem knisternden Ofenfeuer unsere Eindrücke und unsere Meinung bei einem Glas Rotwein sortiert. Auf Helges riesigem Grundstück das für unsere Belange perfekte Stückchen zu finden, na, das war nun wahrlich nicht einfach. Es gab einfach unzählige Eckchen darauf, die atemberaubend schön waren. Aber in mir poppte recht bald ein Vernunftsfunke nach dem anderen auf.
Funkenflug
Funke 1: Das gesamte Grundstück ist ja grundsätzlich nur über einen ganz, ganz einfachen Waldweg zu erreichen, der an einer der kurzen Seiten des Grundstücks entlang führt.
Funke 2: Auf diesen Waldweg kommt man, zumindest mit einem Auto, generell nur dann, wenn man einen Schlüssel zur Schranke besitzt, die den Weg bereits ganz am Anfang versperrt. Damit wären spontanste Besuche an sich schon relativ unwahrscheinlich.
Funke 3: Die Unwahrscheinlichkeit spontaner Besuche steigt aber darüber hinaus weiter beträchtlich an, wenn man bedenkt, dass es von der Schranke bis zu Helges Grundstücksgrenze noch einmal geschmeidige 3 km sind.
Funke 4: Wenn wir jetzt von diesem Weg auf das Grundstück abbiegen und dann noch weit hinein gehen, dann kommen wir selbst ja gar nicht mit dem Auto dorthin. Denn jeder Meter Weg, der gebaut werden müsste, kostet uns natürlich zusätzlich Geld. „Na, dann kauft man eben ein Quad und für den Winter einen Scooter, dann kommt ihr auch immer zum Haus“, lautete eine Idee. Hm. Schöne Idee, aber wo park ich die Teile während unserer Abwesenheit? Das müsste ja dann irgendwo an der größeren Straße sein, denn sonst kann ich die ja nicht zum Anreisen nutzen.
Viele Funken formieren sich zum Feuerwerk
Für Harald kein Problem, wenn keiner spontan vorbei kommt, er braucht jetzt nicht unbedingt Besuch, wenn er gerade auf Wildnis gepolt ist. Na gut, sonst eigentlich auch nicht… Aber ich! Ich bin ein Menschenmensch! Klar fand ich als Kind die Serie „Der Mann in den Bergen“ total toll, ich hab sogar ein bisschen für Grizzly Adams geschwärmt, aber muss ich das dann selbst live leben?
Viele, viele Funken formierten sich nach und nach zu einem Feuerwerk, alle hab ich hier nämlich noch nicht notiert. Jedenfalls wurde ich immer unsicherer und nervöser – und trauriger. Jetzt hatten wir schon die Chance auf ein Grundstück in der Gegend und jetzt sah ich auf einmal einen Stolperstein nach dem anderen.
Während ich nachdenklich das Essen zubereitete, daddelte Harald die ganze Zeit im Handy herum (er hat dort übrigens etwas besseren Empfang als ich). Das machte mich sauer, wieso konnte er nicht gemeinsam mit mir nachdenken? Ich schmollte nach innen, kann ich nämlich gut. Hat er aber nicht gemerkt, der Ignorant, so typisch.
„Ich hab’s!“, sagte er plötzlich und wedelte mit dem Handy in der Luft herum. „Ich hab unser Grundstück gefunden!“
Er hatte nämlich nicht, wie von mir vermutet, sinnlos im Handy herumgedaddelt, sondern sich die Satellitenansicht des Grundstücks im Internet gezogen, inklusive bestehender Grundstücksgrenzen. Und war dort fündig geworden. Er zeigt mir seine Wahl und ich musste zugeben, dass es zumindest via Satellit perfekt aussah. Es handelte sich nämlich um eine Lichtung, die nur durch einen Saum von Bäumen vom Waldweg abgetrennt lag. Heureka! Da war sie wieder, die Euphorie, und wir beschlossen, uns das Ganze am folgenden Tag in echt anzusehen.
Satellit vs. Realität
Brav watschelten wir in unseren Wandergummistiefeln am nächsten Tag zum Grundstück. Und jetzt wird es unbeabsichtigt richtig kitschig!
Als wir nämlich vom Weg auf das Grundstück abgebogen waren, hörten wir plötzlich ein dumpfes Trampelgeräusch. Nicht allzu entfernt trabte eine Herde Rentiere über die Lichtung. Was für ein majestätischer Anblick!
Wir hatten uns gerade wieder gefangen und gingen weiter, als eine Handvoll waschechter Schneehühner, von uns aufgescheucht, aufflogen.
„Komm, das ist ein Zeichen, oder?“, fragte ich Harald. Der lachte nur, aber es war eines seiner tiefglücklichen Lachen, eins der richtig guten.
Machen wir es kurz: Dieses Grundstück war perfekt. Eine riesige Lichtung, umsäumt von uralten Bäumen. Verhuschter Blick auf das Fjäll. Nicht weit vom Weg – gute Erreichbarkeit. Eine Zufahrt bauen war finanziell tragbar und doch lag es an der Grenze zum Naturschutzgebiet. Das nenn ich Glück!
Jetzt blieb die Frage, was Helge dazu sagen würde. Dürften wir auch diesen, relativ komfortablen Teil seines Grundstücks haben? Und dann direkt rund 10.000 Quadratmeter?
„Ach klar, hab ich doch gesagt, dass ihr frei wählen könnt. Das passt!“, war seine Antwort, als ich ihn umgehend von dort aus anrief.
Die Stärke des Handyempfangs dort vor Ort willst du wissen? Ich sag nur: 4G. Alle Balken. Mitten in der Pampa, irgendwo im Nirgendwo.
Hahahaha, was will ich mehr? Mich werdet ihr nicht mehr los, ich werde immer online sein, wenn ich das will. *smileymitcoolersonnenbrille*