Auf der Jagd nach der Moltebeere wate ich bei schwülem Sommerwetter mit meinen Gummistiefeln durch feuchtes Moor, die Mitternachtssonne taucht alles in warmes Licht und die Mücken surren freudig-aggressiv um meinen Kopf – der Preis für Lapplands wildeste Delikatesse, die ich übrigens selbst noch nicht einmal mag. Man kann sich also fragen: Warum macht diese komische Frau das überhaupt? Ganz einfach: Erstens liebe ich es, Beeren zu pflücken und zweitens liebt mein Mann sie und selbst ich möchte ab und an einfach nur eine nette Ehefrau sein. Dann schnappe mir einen Eimer und stapfe los. Zwischen moosbewachsenen Steinen und Nadelgehölzen leuchten sie plötzlich wie kleine Sonnen: Die Moltebeere, ein orange-goldener Schatz, die aussieht wie eine Brombeere in Arktis-Edition und schmeckt, als hätten eine Physalis und eine Aprikose ein romantisches Techtelmechtel mit der Tundra gehabt.
Hier, am Polarkreis wächst sie, wo der Boden sumpfig ist. Diese Beeren verlangen Geduld, Insektenresistenz und ein gutes Auge. Und noch etwas: Jede Pflanze trägt nur eine Beere! Für einen vollen Eimer musst du dich also unzählige Male bücken – ein wahrer Meditationsmarathon, wenn man es positiv formulieren möchte. Aber der Lohn ist ein glücklicher Mann!
Warum die Moltebeere anders ist als alles, was du kennst
Optisch erinnert sie an eine Mini-Brombeere in warmem Orange, aber beißt man rein, offenbart sich ihr Charakter: zuerst säuerlich-herb wie eine Physalis, dann entwickelt sich eine honigartige Süße mit einem Hauch von Aprikose. In Schweden heißt sie übrigens Hjortron („Hirschbeere“) – und ich kenne nur Menschen, die diese Beere entweder absolut lieben oder eben überhaupt nicht mögen, wie ich. Mein Mann gehört zum anderen Lager und schwärmt jeden Sommer aufs Neue von diesem Geschmack, als wäre er direkt vom nordischen Sommer persönlich abgefüllt.
Wusstest du?
Die Moltebeere reift nur unter Mitternachtssonne – zu früh gepflückt ist sie hart und bitter.
Die Samen schmecken leicht nussig, ähnlich wie bei einer Himbeere.
Frisch ist sie ein Vergnügen für wenige Tage, deshalb wird sie oft sofort eingefroren oder zu Marmelade oder Likör verarbeitet.
Moltebeeren-Pflanzen sind niedrig wachsende Überlebenskünstler: Sie werden nur 10–20 cm hoch und breiten sich flach im Moorboden aus. Ihre zarten Stängel tragen einzelne weiße Blüten, aus denen am Ende die goldgelben Beeren reifen.
Die Moltebeeren auf diesem Foto sind noch nicht reif, das dauerte noch ca. 2-3 Wochen. Aber ganz ab davon, dass ich mein Foto total schön finde, kannst du dir damit in etwa vorstellen, wie die Pflanzen aussehen.

Warum die Moltebeere so kostbar ist
Ein Beere pro Pflanze: Für ein Kilo Marmelade braucht es Hunderte von Hand gepflückter Früchte – kein Wunder, dass sie teuer ist. Für ein Glas hochwertige Konfitüre (mit nur wenig zugesetztem Zucker) werden bis zu 20 Euro verlangt.
Nur wildwachsend: Die Moltebeere ist nichts für kommerziellen Anbau. Da hilft nur persönlicher Einsatz und das Wissen um die besten Sammelstellen.
Flüchtige Saison: Die Erntezeit beginnt etwa Ende Juli und geht bis Ende August – verpasst du sie, heißt es: Warten bis nächstes Jahr.
Nordisches Superfood: Die frische Moltebeere enthält pro 100 g mehr Vitamin C als Orangen und steckt voller Antioxidantien.
Wie auch du auf den Geschmack kommen kannst
- Im Schweden-Urlaub: Schwedische Supermärkte und manche kleine Geschäfte für lokale Spezialitäten verkaufen Hjortronsylt, also Konfitüre aus Moltebeeren. Je geringer der Zuckeranteil, desto wertvoller ist sie im Geschmack, das zeigt sich in der Regel auch kräftig im Preis. Dennoch würde ich hier etwas mehr investieren, denn bei zu hohem Zuckeranteil ist der Geschmack schon recht verfälscht. Manche Supermärkte, beispielsweise in Jokkmokk, verkaufen auch tiefgekühlte Moltebeeren, halte im Tiefkühlregal Ausschau nach Hjortron.
- Im Sommerurlaub bei uns oben am Polarkreis? Gummistiefel an, Sumpf gesucht und auf die Jagd gehen. Besser geht es nicht!
- Online: Auch schwedische Spezialitäten-Shops verkaufen Hjortronsylt.
- Bei IKEA: Auch dort habe ich schon Hjortronsylt gesehen, aber ich glaube nicht, dass das zum Standardsortiment gehört.