Schon von klein auf liebe ich Märchen aller Art. Vielleicht nicht alle, aber doch sehr viele. Daher kam ich auf die Idee nach samischen Märchen (die Samis sind das Urvolk Lapplands – die letzten Indigenen dort) zu suchen und wurde fündig. Daher hier nun eins frisch übersetzt mit der Erklärung, wie es kam, dass die Rentiere wild wurden.
Dazu passend zwei wunderschöne Fotos von Rentieren, die Harald aufgenommen hat.
Samische Märchen: Wie die Rentiere wild wurden
Vor langer Zeit lebten zwei samische Schwestern, Háhcešeatni und Njávešeatni, in den weiten Tundren Lapplands. Jede von ihnen besaß ein Rentier, das den Schlitten zog, ihnen Milch gab und so half, durch die harten Winter zu kommen.

Háhcešeatni, die ältere Schwester, war sanft und fürsorglich. Sie behandelte ihr Rentier mit Respekt und Liebe. Sie fütterte es mit den besten Flechten, strich ihm sanft über das Fell und sang ihm alte samische Lieder vor. Ihr Rentier war stark, gesund und treu. Es folgte ihr überall hin und half ihr, die Herausforderungen des Lebens in der Wildnis zu meistern.
Njávešeatni, die jüngere Schwester, war das reine Gegenteil: hartherzig und egoistisch. Sie schimpfte oft mit ihrem Rentier, schlug es, wenn es nicht schnell genug lief, und gab ihm nur das Nötigste zu fressen. Sie sah das Rentier nicht als Gefährten, sondern rein als Werkzeug an, das ihr zu dienen hatte. Ihr Rentier war müde, traurig und lebte in ständiger Angst.
Eines Tages, als die Schwestern mit ihren Rentieren über die Fjälle zogen, wurde Njávešeatni erneut wütend auf ihr Rentier. Es ging etwas langsamer als gewöhnlich, daher schlug sie es mit einem Stock. Das Rentier, das schon viel zu lange unter dieser schlechten Behandlung litt, beschloss, dass es nicht länger bleiben wollte. In der Nacht, als die Sterne am Himmel funkelten und die Nordlichter über das Land tanzten, lief es in die Dunkelheit der Wälder und ließ Njávešeatni allein zurück.
Am nächsten Morgen bemerkte Njávešeatni, dass ihr Rentier verschwunden war. Sie suchte überall, aber es war nirgends zu finden. Ohne ihr Rentier war sie hilflos. Sie konnte den Schlitten nicht ziehen und hatte keine Milch. Háhcešeatni bot Hilfe an, aber Njávešeatni war zu stolz, um die Hilfe ihrer Schwester anzunehmen.
Die Tage vergingen, Njávešeatni wurde schwächer und schwächer. Sie fand keine Nahrung, verlor jegliche Kraft und konnte irgendwann nicht mehr mit ihrer Schwester weiterziehen. Sie blieb zurück. Schließlich, als der Winter sehr streng und hart wurde, starb sie allein und verlassen in der kalten Wildnis. Háhcešeatni jedoch lebte weiterhin in Harmonie mit ihrem Rentier. Sie zog durch die weiten Landschaften Lapplands, immer dankbar für die Gaben der Natur und die Treue ihres Rentiers.
Gib hier deine Überschrift ein
Mir fällt dazu leider kein klassischer Reim ein. Aber: Ein respektvoller Umgang mit allen Kreaturen dieser Welt ist essenziell. Der Stolz, Hilfe nicht annehmen zu wollen, kann tödlich enden.